Erektionsstörungen / Penisschwellkörperprothesen

Erektionsstörungen / Penisschwellkörperprothesen

Die Erektion ist ein komplexer physiologischer Prozess, der die Kooperation sowohl der anatomischen, neurologischen, vaskulären als auch endokrinen (hormonellen) Mechanismen beinhaltet. Die Relaxation (Entspannung) der glatten Muskulatur der Arterien und Schwellkörper, Aktivierung des Venenverschlussmechanismus in den Schwellkörper sowie Kontraktion der Penismuskulatur sind die Voraussetzungen für eine effiziente Erektion.
Die erektile Dysfunktion (ED) ist definiert als die Unfähigkeit, eine für einen befriedigenden Geschlechtsverkehr ausreichende Erektion des Penis herbeizuführen oder aufrechtzuerhalten. Eine erektile Dysfunktion kann die psychosoziale Gesundheit beeinträchtigen und hat erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität der Patienten und ihrer Partner*innen. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen erektiler Dysfunktion und Depression.

Die Häufigkeit der erektilen Dysfunktion ist überraschend hoch in der modernen Gesellschaft und stark vom Lebensalter abhängig. In Deutschland werden insgesamt ca. 20 % der Männer mit dem Problem der erektilen Dysfunktion konfrontiert – 10 % der Männer zwischen dem 40. und 49. Lebensjahr und 50 % zwischen dem 70. und 79. Lebensjahr. Zu den häufigsten Ursachen der erektilen Dysfunktion gehören: kardiovaskuläre Krankheiten (40 %), Diabetes mellitus (30 %), Medikamente (15 %), Becken-Chirurgie (z.B. Eingriffe am Enddarm) oder Becken-Trauma in der Vorgeschichte (6 %), neurologische (5 %) und endokrine (3 %) Ursachen sowie Nikotin- und Alkoholkonsum.

Erektile Dysfunktion und urologische Erkrankungen und Prozeduren

Die erektile Dysfunktion ist häufig mit anderen urologischen Erkrankungen und Eingriffen verbunden. Epidemiologische Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen Prostatavergrößerung (LUTS/BPS) und sexueller Dysfunktion. Bis zu 50 % der Patienten mit symptomatischer Prostatavergrößerung berichten über erektile Dysfunktion, wobei bei 10 % der Patienten ein völliges Fehlen von Erektionen festgestellt wurde. Bei diesen Patienten kann, in Abhängigkeit von den Symptomen, eine Operation der gutartigen Prostatavergrößerung (transurethrale Resektion der Prostata, Laser-Verfahren) notwendig sein. Je nach Verbesserung der Miktionsbeschwerden wird eine gleichzeitige Verbesserung der erektilen Dysfunktion postuliert.

Beckenoperationen, insbesondere bei onkologischen Erkrankungen (z. B. radikale Prostatektomie oder radikale Zystektomie sowie kolorektale Chirurgie), können negative Auswirkungen auf die erektile Funktion und die allgemeine sexuelle Gesundheit haben. Verantwortlich dafür ist eine etwaige Verletzung der neurovaskulären Strukturen im Becken-Bereich während der onkologischen Operationen. Die Entwicklung der neuen Operationstechniken, bei denen ein Erhalt der neurovaskulären Strukturen angestrebt wird, führte in den letzten Jahren zur Verbesserung der funktionellen Ergebnisse nach radikalen urologischen Operationen. Der Einsatz eines Operations-Roboters ist dafür besonders gut geeignet. Nach einer nerverhaltenden Operation kann die sexuelle Aktivität nach dem Eingriff wieder zum Normalzustand zurückkehren. Dies kann drei bis sechs Monate dauern und sich über zwei oder drei Jahre kontinuierlich verbessern. Besonders wichtig in der Erholungs-Phase, ist eine aktive Stimulation und Unterstützung des Sexuallebens (Medikamente, Pumpen, Injektionen).

Therapie

Die Therapie der erektilen Dysfunktion basiert auf einer mehrstufigen Strategie, bei der in Abhängigkeit von der Ursache, der Ausprägung und der Vortherapie konservative, medikamentöse, instrumentelle oder operative Therapie-Methoden angeboten werden können. Allen Patienten wird bei Bedarf eine Änderung der Lebensgewohnheiten ausdrücklich empfohlen, z. B. regelmäßige Bewegung, gesunde Ernährung und der Verzicht auf Rauchen und/oder Alkohol.

a) Medikamentöse Therapie
Orale Medikamente sind häufig der erste Schritt in der Behandlung der erektilen Dysfunktion. Die Phosphodiesterase-5-Hemmer (PDE-5-Hemmer) bieten im Vergleich zu anderen oralen Medikamenten eine überlegene Wirksamkeit bei sehr guter Verträglichkeit. Sie haben die Therapie der erektilen Dysfunktion in den letzten Jahren revolutioniert. Zum Einsatz kommen vier Präparate (Sildenafil, Tadalafil, Vardenafil und Avanafil), die sich in Wirkungsdauer, Wirkungseintritt sowie Nebenwirkungsprofil voneinander unterscheiden. Die Tabletten können die Durchblutung des Penis steigern und bei sexueller Stimulation dazu beitragen, eine Erektion zu bekommen. Die Medikation kann bei Bedarf (z. B. 1-2 Stunden vor dem Geschlechtsverkehr) oder kontinuierlich (einmal pro Tag, einmal pro zwei Tage) eingenommen werden.

b) Schwellkörper Autoinjektionstherapie (SKAT)
Den Patienten mit unzureichender Wirksamkeit oder Kontraindikationen für eine orale Therapie wird eine Schwellkörper-Autoinjektionstherapie angeboten. Medikamente wie Alprostadil (Prostaglandin E1) können direkt in die Basis oder die Seite des Penis selbstständig vom Patienten mittels einer vorgefertigten Spritze injiziert werden. Die Injektionen können bis dreimal pro Woche angewendet werden. Eine Injektion sollte eine fünf- bis zwanzigminütige Erektion ermöglichen. Patienten, die sich für diese Therapie-Methode entscheiden, werden ausführlich in die Technik der Selbst-Injektionen eingewiesen. Abgesehen von der Angst vor Nadeln kann die Autoinjektionstherapie bei manchen Patienten Schmerzen oder eine Fibrose der Schwellkörper verursachen. Ebenso besteht das Risiko einer dauerhaften Erektion.

c) Harnröhrenzäpfchen / Creme
Bei Patienten mit Angst von Injektionen (Spritzen) kann das oben genannte Medikament – Alprostadil als eine Creme oder ein Gel benutzt werden. Es wird mithilfe eines Applikators (als MUSE™- „medicated urethral system for erection" bezeichnet) am Ende des Penis in die Harnröhre eingeführt. Das Medikament fördert die Durchblutung und führt zu einer Erektion. Alternativ kann es als eine Creme auf die Spitze des Penis mittels Einzelapplikatoren angewandt werden. Es wird ca. 15 Minuten vor dem Geschlechtsverkehr appliziert, die Wirkung kann 1 bis 2 Stunden oder bis zur Ejakulation anhalten. Zu den häufigen Nebenwirkungen gehören Penisschmerzen, Schmerz oder Brennen im Bereich der Harnröhre oder Hautausschlag.

d) Vakuumtherapie
Eine mechanische Vakuumtherapie stellt eine weitere Therapie-Option der erektilen Dysfunktion dar, die mit anderen Methoden wie orale Medikation oder transurethrale Alprostadil-Gabe kombiniert werden kann. Ein Kunststoffzylinder wird über den Penis gestülpt und an der Basis abgedichtet. Durch den Aufbau eines Unterdrucks mittels einer Handpumpe oder einer elektrischen Pumpe entsteht eine Erektion – bedingt durch die passive Füllung der Schwellkörper. Anschließend wird ein Gummiring auf die Basis des Penis geschoben, um eine Erektion für die Dauer des Geschlechtsverkehrs aufrechterhalten zu können (bis zu 30 Minuten). Die Vakuumtherapie hat seit Jahren einen festen Platz in der sogenannten penilen Rehabilitation nach der radikalen Prostatektomie oder Operationen am Penis (Penisdeviation-Korrekturen).

e) Penisschwellkörperprothesen
Als Mittel der letzten Wahl steht die operative Therapie der erektilen Dysfunktion in Form von diversen Penisimplantaten zur Verfügung. In unserer Klinik werden am häufigsten die modernen, hydraulischen Prothesen implantiert. Das dreiteilige System besteht aus einem in den Bauchraum eingesetzten Reservoir, zwei mit Flüssigkeit befüllbaren Zylindern im Bereich der Schwellkörper des Penis sowie einer Pumpe im Skrotum (Hodensack). Durch Drücken der Pumpe kann eine Erektion erreicht werden. Solch eine Penisschwellkörperprothese ermöglicht eine unmittelbare Kontrolle über Zeitpunkt und Dauer einer Erektion. Ca. 95 % der Implantatträger sowie deren Partner*innen sind mit einer hydraulischen Penisschwellkörperprothese zufrieden. Andere Arten von Schwellkörperimplantaten sind halbsteife oder formbare Systeme, die den Nachteil einer permanenten semirigiden, im Alltag störenden Erektion haben. Nach Ausschöpfen der konservativen, medikamentösen und instrumentellen Therapieoptionen wird eine Implantation einer Penisschwellkörperprothese von den Krankenkassen übernommen. Auch bei diesem Eingriff ist eine hohe Expertise erforderlich. Wir führen zahlreiche solcher Eingriffe im Jahr durch und haben mehrere erfahrene Experten für die Prothetik in unserem Team.

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