Prostatakrebs

Prostatakrebs

Prostatakrebs oder das Prostakarzinom ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern und die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache (Quelle: DKG). In Deutschland erkranken pro Jahr etwa 66.000 Männer daran. Es besteht jedoch eine sehr gute Chance auf Heilung, wenn die Erkrankung – etwa im Rahmen einer Früherkennungsuntersuchung – in einem frühen Stadium erkannt wird. Dann können unsere Patienten in der Regel zwischen verschiedenen Therapieverfahren wählen, die ihren individuellen Voraussetzungen entsprechen.  

Tumorstadium 1
Der Tumor ist in der Prostata enthalten oder „lokalisiert". Der Krebs befindet sich in einem sehr frühen Stadium und der Tumor ist zu klein, um bei einer Prostatauntersuchung ertastet zu werden.

 

Tumorstadium 2
Der Tumor wird innerhalb der Prostata lokalisiert. Er ist noch immer klein, möglicherweise aber bei einer Prostatakontrolle tastbar und auf einem Scan erkennbar. Die Krebszellen teilen sich. Es liegt ein erhöhtes Risiko vor, dass der Tumor wächst und sich die Krebszellen ausbreiten.

Tumorstadium 3
Der Tumor hat angefangen, die Prostatawand zu durchbrechen, und die Krebszellen befinden sich möglicherweise in den nahegelegenen Kanälchen, die Samen bilden. Dies wird als „lokal fortgeschrittener Krebs" bezeichnet, weil sich der Tumor direkt außerhalb der Prostata ausgebreitet hat, aber nicht zu anderen oder „entfernten" Körperteilen ausgesät ist.


Tumorstadium 4
Der Tumor ist außerhalb der Prostata gewachsen. Die Tumorzellen befinden sich möglicherweise in oder im Umkreis der Blase (wie im Blasenhals oder Harnschließmuskel) oder des Mastdarms (Rektum) oder im Beckenbodenmuskel, der unterhalb der Prostata am Beckenboden liegt.



Die guten Therapieerfolge bei Prostatakrebs hängen unter anderem damit zusammen, dass Diagnostik und Behandlung von Prostatakrebs kontinuierlich verbessert werden. Unsere Patienten profitieren von der Entwicklung neuer, innovativer Technologien, die bei uns sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie Anwendung finden.

Früherkennung
Prostatakrebs verursacht erst sehr spät Beschwerden – gerade im Anfangsstadium zeigt er keine Symptome. Das macht die Früherkennung so wichtig. Einen ersten medizinischen Anhaltspunkt – aber keinesfalls Sicherheit – kann ein erhöhter Wert des prostataspezifischen Antigens, kurz „PSA“, geben. Ein erhöhter PSA-Wert deutet auf Veränderungen in der Prostata hin. Hier ist eine mögliche Ursache die Entzündung der Prostata, eine sogenannte Prostatitis. Allerdings kann auch ein Prostatakrebs dafür verantwortlich sein. Ist der PSA-Wert erhöht, sollte die Messung zunächst wiederholt und weitere Untersuchungen wie Tastuntersuchung, Ultraschall und ggf. eine Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt werden.
Die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung der Prostata steigt mit zunehmendem Alter. Eine Vorsorgeuntersuchung wird ab dem 45. Lebensjahr (bei familiärer Vorbelastung ab dem 40. Lebensjahr) empfohlen. Je früher der Tumor entdeckt wird, desto größer sind die Heilungschancen. Wächst der Tumor innerhalb der Prostata (organbegrenzt), liegen die Heilungschancen bei einer geeigneten Therapie bei über 95 %. Leider nutzen immer noch zu wenige Männer die jährliche Krebsfrüherkennungsuntersuchung.
Eine Früherkennungsuntersuchung besteht üblicherweise aus einer Abtastung der Prostata, der Bestimmung des PSA-Wertes im Blut und gegebenenfalls einer transrektalen Ultraschalluntersuchung.
Die Bestimmung des PSA-Wertes ist zwar nicht Bestandteil des von den gesetzlichen Krankenkassen finanzierten Früherkennungsprogramms (und ist damit eine sogenannte IGeL-Leistung), wird aber in den interdisziplinären deutschen Leitlinien und den meisten internationalen Leitlinien als Früherkennungsuntersuchung empfohlen. Die Prostatakrebs-Früherkennungsuntersuchung findet zumeist bei niedergelassenen Urologen oder beim Hausarzt statt.

Prostatakrebs-Diagnostik

a)    Transrektale systematische Prostata-Biopsie
Grundsätzlich kann ein Krebsverdacht nur über eine Auswertung von Gewebeproben gesichert werden. Bei Auffälligkeiten in der Früherkennung wird zurzeit noch von der deutschen Leitlinie eine ultraschallgesteuerte Biopsie der Prostata vom Enddarm aus (transrektal) empfohlen. Da ein Karzinom im gewöhnlichen Ultraschall nicht sicher darstellbar ist, liegen die Karzinomnachweisraten bei diesem Verfahren nur bei 20 bis 30 %. Dies führt bei fortbestehendem Krebsverdacht zur Notwendigkeit von Wiederholungs-Biopsien und einer für den Betroffenen unklaren Situation über einen möglicherweise langen Zeitraum.

b)    Multiparametrische MRT der Prostata
Im Gegensatz zu anderen bildgebenden Verfahren bestimmt eine multiparametrische Magnetresonanztomographie (mpMRT) der Prostata gleich mehrere Parameter, die zur Beurteilung des Organs herangezogen werden können. Bei dieser strahlungsfreien Untersuchungsmethode werden aggressive Tumorherde in der Prostata in der Regel sicher erkannt. Zudem können klinisch nicht relevante Tumore von aggressiven Tumoren differenziert und damit unnötige Operationen vermieden werden.
Die multiparametrische MRT der Prostata ermöglicht es, einen eventuell vorhandenen Prostatakrebs frühzeitig und sehr zielgenau aufzuspüren. Umgekehrt lässt sich mithilfe dieser Untersuchungsmethode ein bösartiger Tumor in der Prostata mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen, wenn die Bilder unauffällig sind.
Eine mpMRT der Prostata ist zwar kein Ersatz für eine Biopsie, erhöht aber signifikant deren Treffsicherheit und senkt dadurch die Zahl unnötiger oder vermeintlich gutartiger Gewebeergebnisse bei Vorliegen eines Tumors – sogenannte „falsch negative Biopsien“.

c)    Perineale MRT-gestützte Fusionsbiopsie
Durch MRT-Untersuchungen sind Prostatatumore häufig gut zu erkennen. Es bleibt aber ein Restrisiko der Nichterkennung und es fehlt der Aufschluss zur Aggressivität des Tumors (Gleason-Score).
Aus diesem Grund haben wir in Gronau bereits 2012 die perineale MRT-gestützte Fusionsbiopsie (PFB) eingeführt. Bei der PFB werden die zuvor gewonnenen MRT-Bilder mittels einer speziellen Software mit den transrektal gewonnenen Ultraschallbildern „fusioniert“. Bildgebend auffällige Areale können dann mittels dieser Fusion vom Damm aus („perineal“) gezielt biopsiert werden. Dabei zeigt diese Methode eine sehr hohe Erfolgsquote. Im Gegensatz zu der Probenentnahme direkt im MRT kann zusätzlich problemlos simultan eine systematische Biopsie der Prostata erfolgen, sodass die Karzinomdetektionsrate nochmals verbessert wird. Die genaue Kenntnis der positiven Biopsien ermöglicht zudem eine optimierte OP-Planung.
Der Eingriff lässt sich problemlos in einer Kurznarkose durchführen. Der zeitliche Aufwand hierfür liegt bei ca. 25 Minuten. Durch die perineale Technik ist das Risiko einer Prostataentzündung minimal, weil keine Verletzung in der Enddarmwand stattfindet, und somit keine mögliche Bakterienverschleppung vom Darm aus in die Prostata stattfinden kann. Auffällige Befunde, die mit anderen bildgebenden Verfahren (z. B. PSMA PET) erhoben wurden, können zusätzlich fusioniert werden.

d)    PSMA-PET/CT
Das PSMA-PET/CT ist das derzeit genaueste bildgebende Verfahren zum Aufspüren bzw. Ausschließen von Tochtergeschwülsten (Metastasen) bei der Diagnostik des Prostatakrebses. Die detaillierte Darstellung mittels Computertomografie (CT) wird dabei mit der Positronenemissionstomografie (PET) kombiniert, einem Verfahren, das die Stoffwechselaktivität von Zellen sichtbar macht. Dem Patienten wird dazu eine für den Zellstoffwechsel wichtige Substanz injiziert, die schwach radioaktiv markiert ist. Diese reichert sich in den Zellen des Prostatakarzinoms vermehrt an und kann daher sehr gut für die Bildgebung genutzt werden (PSMA steht für Prostata-Membran Spezifisches Antigen).
Dank des präzisen Nachweises können sowohl Prostatakarzinome als auch Metastasen sicher festgestellt werden. Das Ergebnis einer PSMA-PET/CT-Untersuchung ermöglicht damit eine optimale Therapieplanung. Mit dieser modernen, hochempfindlichen Methode kann außerdem abgeklärt werden, ob der Tumor nach abgeschlossener Therapie wieder aufgetreten ist (also ein so genanntes Rezidiv vorliegt). Das PSMA PET/CT unterstützt dann bei der Entscheidungsfindung über den weiteren Behandlungsverlauf.

Prostatakrebs-Therapie

Wir bieten ausschließlich anerkannte Therapieverfahren gemäß den aktuell geltenden Leitlinien an. Wie für viele andere Krebsarten gibt es auch für Prostatakrebs verschiedene nationale und internationale Leitlinien, die auf Grundlage der neuesten Forschungsergebnisse entwickelt und regelmäßig aktualisiert werden. Sie helfen den Ärztinnen und Ärzten bei der Entscheidungsfindung in ganz spezifischen Situationen. Die wichtigsten Behandlungsempfehlungen für Prostatakrebs sind:
•    S3-Leitlinie der Deutschen Krebsgesellschaft und verschiedener Fachgesellschaften
•    Guidelines der Europäischen Gesellschaft für Urologie (EAU)
•    Clinical Practice Guidelines des amerikanischen National Comprehensive Cancer Network (NCCN)

Parallel zu diesen Fachpublikationen erscheinen jeweils auch Patientenleitlinien, die in allgemein verständlicher Sprache die aktuellen Empfehlungen wiedergeben. Gute Informationen finden Sie z.B. in den Patientenleitlinien zum Prostatakarzinom der Deutschen Gesellschaft für Urologie (www.urologenportal.de).
Bei Tumoren, die auf die Prostata beschränkt sind, stehen Behandlungsmethoden im Vordergrund, mit denen der Tumor vollständig entfernt wird, um so eine Heilung des Patienten zu erreichen. Neben der Strahlentherapie eignen sich dafür vor allem operative Verfahren, insbesondere die minimal-invasive radikale (vollständige) Roboter-assistierte Entfernung der Prostata (Prostatektomie).
Bei metastasiertem Prostatakarzinom kommen neben der in Einzelfällen ebenfalls denkbaren operativen Behandlung zudem medikamentöse Behandlungsformen (z. B. Hormontherapien, Chemotherapien) und palliative Strahlentherapien zum Einsatz.

a)    Aktive Überwachung – Active Surveillance

Diese Behandlungsstrategie kommt vorzugsweise bei frühen, lokalisierten, wenig aggressiven Karzinomen mit wahrscheinlich günstigem Krankheitsverlauf infrage. Der beschwerdefreie Patient wird zunächst nicht behandelt, stattdessen aber sein Prostatatumor engmaschig überwacht. Durch regelmäßige Kontrolluntersuchungen soll ein potenzielles Fortschreiten des Tumorwachstums so frühzeitig erkannt werden, dass rechtzeitig eine auf Heilung abzielende Therapie eingeleitet werden kann.
Vor einer Entscheidung für die „Aktive Überwachung“ sind einige wichtige Einflussfaktoren zu berücksichtigen. Neben dem Alter des Patienten und möglichen weiteren Erkrankungen spielen der PSA-Wert, definierte Tumorkennzahlen sowie die persönlichen Präferenzen des Patienten im Umgang mit seiner Krebserkrankung eine Rolle.

b)    Minimal-invasive Roboter-assistierte Prostataentfernung
Die Roboter-assistierte Technik hat ganz wesentlich zu einem besseren Verständnis der chirurgischen Anatomie im kleinen Becken des Mannes beigetragen. In den letzten Jahren konnten die Operationstechniken wesentlich weiterentwickelt werden. Die Aussichten auf sehr gute onkologische und funktionelle Ergebnisse sind somit sehr hoch. Als größtes Zentrum für Roboter-assistierte Chirurgie in Europa, führen wir seit 2006 Roboter-assistierte Operationen durch. Unsere Patienten profitieren von einem europaweit einzigartigen Erfahrungsschatz aus über 20.000 Eingriffen. (Stand 02/2023)

Bei der radikalen Entfernung der Prostata mit dem da Vinci®-Operationssystem ist das Ziel, den Patienten vollständig vom Tumor zu befreien und gleichzeitig wichtige Funktionen wie Kontinenz und Erektionsfähigkeit weitestgehend zu erhalten.

Warum Roboter-assistiert?
Bei der Entfernung der Prostata ist höchste Präzision gefragt, denn in unmittelbarer Umgebung des Organs liegen der Harnröhren-Schließmuskel, der Enddarm und die feinen, sehr empfindlichen Nerven für die Gliedsteife.
Das außerordentlich präzise Arbeiten wird unseren erfahrenen Operateuren durch die „Hightech-Assistenz“ unserer fünf da Vinci®-Operationssysteme ganz erheblich erleichtert.  

Vorteile für den Patienten
•    Minimalinvasives Vorgehen (Schlüssellochchirurgie)
•    Weniger Blutverlust
•    Weniger postoperative Schmerzen
•    Kleinere Wunden mit einem besseren kosmetischen Ergebnis
•    Weniger Wundinfektionen
•    Schnellere Genesung und kürzerer Aufenthalt im Krankenhaus
•    In erfahrenen Händen: Bessere Langzeitergebnisse bezüglich potenzieller Nebenwirkungen: Die hohe Präzision ermöglicht eine Schonung von Muskeln und Nerven, und damit den Erhalt von Kontinenz und Erektionsfähigkeit (abhängig vom Tumorstadium)

Vorteile für den Operateur
•    Optimale, dreidimensionale Sicht auf das Operationsgebiet  
•    Verbesserte Detailerkennung durch bis zu 20-fache Vergrößerung
•    Erhöhte Präzision und exaktere Bewegungen durch abwinkelbare Mikro-Instrumente
•    Ausgleich möglicher Abweichbewegungen („zitterfreies Operieren“)
•    Neueste Telemanipulator-Technologie: Der Arzt kann seine Handbewegungen skalieren, also filtern und verfeinern
•    Intuitive Handhabung und die Möglichkeit die Operationstechniken am virtuellen Simulator zu erlernen bzw. zu verfeinern

Ablauf der Operation
Die Entfernung der Prostata mit dem da Vinci®-System dauert insgesamt ungefähr drei Stunden (immer abhängig von den individuellen Gegebenheiten). Vor der eigentlichen Operation müssen das da Vinci®-System und der Patient vorbereitet werden. Nach der Narkotisierung werden sechs kleine Einschnitte in der Bauchdecke vorgenommen, durch die die Instrumente eingeführt werden, um die Prostata zu entfernen.
Während sich ein OP-Team aus Assistent*innen und medizinischem Personal um den Patienten und das System kümmert, kann sich der Operateur an seiner Bedienkonsole voll auf den Eingriff konzentrieren. Sind die Instrumente in Position, wird zunächst die Prostata freigelegt, indem das die Prostata umgebende Gewebe sorgsam und vorsichtig abgeschoben wird.
Hat sich der Prostatakrebs noch nicht über die Prostatakapsel hinaus ausgebreitet, können in den meisten Fällen die Nerven für die Erektion geschont werden. Ist die Prostata komplett gelöst, wird sie mithilfe eines im Körper entfalteten Kunststoffbeutels geborgen und über einen der kleinen Einschnitte in der Bauchdecke (in der Nähe des Nabels) aus dem Körper entnommen.

„Der Schnellschnitt ist für uns eine wichtige Entscheidungshilfe während der OP!“  

Um eine maximale Schonung der für die Erektion zuständigen Nerven zu erreichen und gleichzeitig den Tumor so sorgfältig wie möglich zu entfernen, führen wir sogenannte Schnellschnitte durch. Hierbei werden unter anderem die Stellen der Prostata, die zuvor unmittelbar an das empfindliche Nervengewebe angrenzten, speziell und gesondert untersucht. Diese Proben werden noch während der laufenden OP vom Pathologen mikroskopisch begutachtet. Sind die hier liegenden Ränder der Prostata tumorfrei, können die funktionellen Nerven erhalten bleiben. Werden Krebszellen am Schnittrand nachgewiesen, entfernen wir das angrenzende Gewebe, um so den Krebs möglichst sicher zu entfernen und damit die Heilungschancen des Patienten noch weiter zu verbessern.  
Nach der Entfernung der Prostata sowie der benachbarten Lymphknoten wird die Harnblase wieder mit der Harnröhre verbunden. Dies geschieht mit einer Naht. Der am Beginn des Eingriffs eingelegte Katheter durch die Harnröhre wird üblicherweise kurz nach dem Ende des Eingriffs entfernt. Zusätzlich wird in unserer Klinik regelhaft während der OP ein Bauchdecken-Katheter eingelegt, der nicht nur den Patientenkomfort nach der Operation erheblich verbessert, sondern auch ein sicheres Überprüfen des Wasserlassens nach der OP ermöglicht. In der Regel führen wir kurz nach der Operation eine Dichtigkeitsprüfung (Prüfung der Verbindungsstelle zwischen Blase und Harnröhre) durch. Wenn diese in Ordnung ist, darf mit dem Wasserlassen begonnen werden. Wann es soweit ist, wird nach individueller Situation entschieden. Die Entfernung des Bauchdeckenkatheters erfolgt bei guter Blasenentleerung meistens bevor der Patient das Krankenhaus verlässt, bei Bedarf aber auch erst später ambulant.

 

Im folgenden Animationsvideo wird der Eingriff anschaulich demonstriert: 

 

c)    Medikamentöse Therapien

Die medikamentöse Therapie zielt vor allem auf Erkrankungen ab, die bereits Metastasen gebildet haben oder aus anderen Gründen (noch) nicht operiert werden können, zum Beispiel lokal weit fortgeschrittene Tumoren. Ferner gibt es, sollte diese Therapie nicht anschlagen, eine wachsende Zahl von Medikamenten, die bereits seit vielen Jahren erfolgreich eingesetzt werden, um die Lebenserwartung zu verlängern und dabei möglichst die Lebensqualität der betroffenen Patienten zu verbessern.

•    Hormontherapie
Im Vordergrund steht hier die Unterdrückung des männlichen Geschlechtshormons Testosteron. Das Zellwachstum des Prostatatumors hängt in der Regel elementar von Hormonen ab – insbesondere von Testosteron. Entsprechend setzt der als „Hormontherapie“ bezeichnete Behandlungsansatz auf Hormonentzug bzw. Verabreichung von Gegenhormonen. Diese greifen an unterschiedlichen Stellen an, haben aber ein gemeinsames Ziel: die Verlangsamung des Tumorwachstums. Auch vom Tumor ausgehende Beschwerden werden meist spürbar gelindert.
Eine Heilung ist mit der Hormontherapie allerdings nicht möglich. Deshalb setzen wir die Hormontherapie vor allem beim fortgeschrittenen Prostatakarzinom ein oder falls andere Therapiemöglichkeiten nicht infrage kommen. Behandelt wird mit Tabletten oder in Form von Spritzen, mit deren Hilfe Medikamentendepots unter der Haut angelegt werden, die den Wirkstoff langsam freigeben. Die Injektionen werden in regelmäßigen Abständen (in der Regel alle 3 Monate) wiederholt.

•    Neue antihormonelle Medikamente
Mittlerweile stehen verschiedene neue Medikamente mit Wirkung auf den Hormonstoffwechsel der Tumorzellen zur Verfügung. Zu diesen Wirkstoffen gehören u. a. Abiraterone, Enzalutamid und Apalutamid. Diese Substanzen können nach oder in Kombination mit den bisherigen medikamentösen Therapieformen eingesetzt werden. Die Möglichkeiten der Therapie des Prostatakarzinoms haben sich hierdurch erheblich erweitert.

•    Chemotherapie
Nach länger andauernder Hormontherapie kann es zu einem Wirkungsverlust kommen, sodass der Tumor trotz des niedrigeren Testosteronspiegels weiter wächst. In einem solchen Fall ist die Chemotherapie eine mögliche Therapieoption. Die bei dieser Behandlung eingesetzten Zytostatika wirken als Zellgifte und beeinflussen insbesondere Tumorzellen, da diese im Vergleich zu den übrigen Zellen im Körper einen hohen Stoffwechsel aufweisen und dadurch besonders empfindlich auf diese Medikamente reagieren. Ziel der Behandlung ist es, die Tumorzellen möglichst vollständig abzutöten und dabei den restlichen Organismus so gering wie möglich zu belasten.

•    Medikamentöse Therapie im Rahmen von Studien
Als international anerkanntes Prostatazentrum führen wir auch Studien mit neuen Medikamenten oder Wirkstoffen durch, die bislang anderen Anwendungen vorbehalten sind.

d)    Externe Bestrahlung
Bei der externen, sogenannten „Perkutanen 3D-geplanten konformalen Bestrahlung“ wird das Tumorgewebe von außen durch die Haut bestrahlt. Um auch hier das umliegende Gewebe zu schonen, wird das Bestrahlungsfeld vorab mithilfe einer Computertomographie exakt berechnet und anschließend in Einzeldosen von wenigen Minuten bestrahlt. Es sind allerdings typischerweise um die 35 Einzelbestrahlungen erforderlich, da eine Verteilung der Gesamtdosis auf zu wenige Behandlungen das Risiko von Komplikationen erhöht. Hierdurch ergibt sich ein Behandlungszeitraum von rund sieben Wochen oder mehr.
Durchgeführt werden die externen Bestrahlungen bei unserem langjährigen Kooperationspartner. Die  Bestrahlung wirkt sich auch auf das Allgemeinbefinden aus – insbesondere im unmittelbaren Umfeld des Tumors. Im Falle der Prostata kann es zu Reizungen von Enddarm, Blase und des für die Erektion zuständigen Gefäßbündels kommen. Auch sind Kontinenzprobleme und Stuhl-Unregelmäßigkeiten in der Folge nicht selten.
Sofern die Bestrahlungsverfahren bezüglich der Prostatakrebserkrankung nicht ausreichend sind und es zu einem Lokalen Rezidiv kommt, ist eine operative Entfernung („Salvage-Prostataektomie“) bei uns aufgrund der sehr großen chirurgischen Expertise technisch oft ebenfalls möglich. Die Aussichten für gute funktionelle Resultate bezogen auf Kontinenz und Potenz sind im Vergleich zur primären Operation ohne vorherige Bestrahlung jedoch deutlich schlechter.

Zweitmeinung
Welche Therapie ist die richtige? Vor dieser Entscheidung stehen Männer und deren Angehörige häufig nach der Diagnose. Diese Frage ist nicht nur für Patienten sehr komplex. Daher ist es eine sehr gute Entscheidung, eine zweite Meinung einzuholen. Dies gilt nicht nur für den Freundeskreis oder Betroffenen-Verbände, wie zum Beispiel die zahlreichen Selbsthilfegruppen, sondern insbesondere auch für die fachliche Zweitmeinung eines weiteren Arztes.
Die „Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V.“ bietet in ihren Leitlinien eine gute Entscheidungshilfe. Die hier aufgeführten Informationen beziehen sich allerdings auf alle forschenden Einrichtungen Deutschlands. Die daraus entstehenden Mittelwerte bilden nicht unbedingt die Wahrscheinlichkeiten in einer spezialisierten Klinik ab.
Eine weitere Hilfestellung, die auch unsere Ärzte individuell für jeden Patienten verwenden, sind die sogenannten Nomogramme. Die rein statistisch basierten Tools vermitteln einen Eindruck von der Risikoverteilung bei unterschiedlichen Therapien, und zwar individuell angepasst. Wichtig ist hierbei zu beachten, dass es sich um statistische Werte und nicht um garantiert eintretende Ereignisse handelt.
Neben den Leitlinien ist auch das persönliche Angst- und Risikomuster jedes Mannes individuell zu betrachten. Für manche Männer kann das Beobachten und Abwarten durchaus eine gute Entscheidung sein. Für andere ist allein der Gedanke, dass ein Tumor vorliegt, nicht zu ertragen.
Unsere Empfehlung: Sprechen Sie mit unterschiedlichen Menschen und Institutionen, um ein breites Spektrum an Meinungen zu erhalten und treffen Sie dann gemeinsam mit Ihrer Familie eine Entscheidung, zu der Sie dann auch stehen können.
Finden Sie eine Selbsthilfegruppe in Ihrer Nähe http://www.prostatakrebs-bps.de/
Wenn Sie von uns eine Zweitmeinung bekommen möchten, sprechen Sie uns gerne an.

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